Gendersensible Sprache erhöht das Bewusstsein für die Geschlechtervielfalt, trägt zur Sensibilisierung für Inklusion und Diversität bei und wirkt gegen stereotypische Vorstellungen und Erwartungen von Männern, Frauen und diversen Geschlechtern.
Gendergerechte Sprache bezeichnet die bewusste Anwendung von Ausdrucksweisen, die alle Geschlechter gleichberechtigt darstellen. Traditionelle Sprachmuster neigen dazu, das generische Maskulinum zu verwenden oder implizieren Geschlechterrollen, die nicht mehr den heutigen Vorstellungen entsprechen.
In diesen Jahren begann die Sensibilisierung für die Rolle der Sprache bei der Reproduktion von Geschlechterstereotypen. Es entstanden breite soziale Bewegungen wie Frauenrechtsbewegungen und Bürgerrechtsbewegungen. Forschungen begannen, um zu verstehen, wie sich das generische Maskulinum auswirkt und wie die Sprache bestimmte Stereotypen und Erwartungen im Bezug auf männlich, weiblich und divers unterstützt. Als Folge dieser Bewegungen entstanden neue sprachliche Ausdrucksweisen wie die Doppelnennung und der Schrägstrich.
Der Schrägstrich wurde eingeführt, um Frauen in der Sprache sichtbar zu machen. Sie ist ursprünglich entstanden, um die Beidnennung von Mann und Frau zu verkürzen indem man anstelle des Bindewortes den Schrägstrich verwendet. Die verkürzte Schreibweise war zunächst nur in der Schweiz verbreitet, mit der Zeit fand man diese Schreibweise aber auch in Deutschland, wo sie häufig in Formularen oder Listen benutzt wurde. Der Ansatz stieß jedoch auch auf Widerstand, da sogar unter Feminist*innen argumentiert wurde, dass die Frau nicht einfach nur als ein Anhang neben dem generischen Maskulinum auftauchen sollte, sondern als eigenständiges Geschlecht anerkannt werden müsse.
Feminist/innen, Aktivist/innen und Unterstützer/innen setzen sich für die Gleichberechtigung aller Geschlechter ein. Jede/r kann beitragen, indem er/sie sich informiert, solidarisch zeigt und aktiv für Gerechtigkeit eintritt.
Der Boom der geschlechtergerechten Sprache hat in den darauffolgenden Jahren zunehmend an Fahrt aufgenommen. Verschiedene Ämter und Institutionen haben Richtlinien eingeführt, die darauf abzielten, eine inklusive Sprache zu fördern. Diese Richtlinien sollten sicherstellen, dass Sprache nicht diskriminierend ist und alle Geschlechter gleichberechtigt repräsentiert werden. Parallel dazu wurden zahlreiche Bücher und Studien veröffentlicht, die sich mit einer gendersensiblen Sprache beschäftigen. Besonders in universitären Kreisen fand das Thema in diesen Jahren Anklang, jedoch ist es noch längst nicht im Mainstream angekommen. Trotz der Fortschritte gab es weiterhin Widerstände und Diskussionen über die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit geschlechtergerechter Sprache in verschiedenen Kontexten.
Ein wichtiger Schritt in diesem Bereich war das Buch "Das Deutsche als Männersprache" von Luise F. Pusch, das im Jahr 1976 erschienen ist. Es untersucht die Tendenz der deutschen Sprache, dass Männer bevorzugt und Frauen eher vernachlässigt werden. Pusch analysiert insbesondere die Verwendung des generischen Maskulinums und zeigt, wie diese Sprachpraxis Geschlechterstereotype verstärkt. Das Buch hat die Debatte über geschlechtergerechte Sprache stark beeinflusst und dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer inklusiveren Sprachpraxis zu schärfen.
Eine wichtige Rolle spielte auch der "Guide to Non-Sexist Language" der von der UNO im Jahr 1987 veröffentlicht wurde. Er zielt darauf ab, eine Sprachpraxis zu fördern, die frei von sexistischer Diskriminierung ist. In dem Leitfaden werden Empfehlungen und Richtlinien gegeben, wie man eine nicht-diskriminierende Sprache verwenden kann, insbesondere in offiziellen Dokumenten, politischen Diskussionen und anderen öffentlichen Kontexten. Der Leitfaden befasst sich mit verschiedenen Aspekten der Sprache, einschließlich der Verwendung von geschlechtsspezifischen Bezeichnungen und Pronomen, und bietet alternative Formulierungen an, die geschlechtsneutral und inklusiver sind. Er betont die Bedeutung einer sensiblen Sprachpraxis, um Geschlechterstereotypen zu bekämpfen und die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern.
Die amtlichen Rechtschreibregeln enthalten keine Aussagen zur Großschreibung im Wortinneren, sogenannte Binnenmajuskeln. Der Rat für deutsche Rechtschreibung erklärte, dass die Binnengroßschreibung nicht Gegenstand des amtlichen Regelwerks sei und auch die Duden-Redaktion erwähnt den Sprachgebrauch des Binnen-I mit dem Vermerk: "vom amtlichen Regelwerk nicht abgedeckt". Ein weiterer Kritikpunkt des Binnen-I ist, dass sie die geschlechterische Vielfalt außerhalb des Mann-Frau-Schemas ignoriere.
Im Jahr 1981 führte der Journalist Christoph Busch das Binnen-I als neue Schreibweise ein, die darauf abzielte, Gerechtigkeit in der Sprache zu fördern. Er schlug vor, die damals übliche Form mit dem Schrägstrich zu einer einfacheren Form mit einem Großen “I” innerhalb des Wortes zu schreiben. Die feministische Sprach-Wissenschaftlerin Luise F. Pusch griff diesen Vorschlag bald auf und erklärte das Binnen-I zur angemessenen Form, Frauen sichtbar zu machen und diskriminierungsfrei zu formulieren.
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Der Chirurg ist die Mutter des Kindes, also eigentlich die Chirurgin.
Vater und Sohn fahren im Auto. Sie haben einen schweren Unfall, bei dem der Vater sofort stirbt. Der Sohn wird mit schweren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht, in dem ein Chef-Chirurg arbeitet, der eine bekannte Kapazität für Kopfverletzungen ist. Die Operation wird vorbereitet, alles ist fertig, als der Chef-Chirurg erscheint, blass wird und sagt: Ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn!“. In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen der Chirurg und das Kind?
Das Gendersternchen stammt ursprünglich von Suchmaschinen, in denen der Stern als Platzhalter für eine beliebige Zeichenkette verwendet wurde. Die früheste Nutzung des Gendersterns findet man in den 1990er Jahren in englischsprachigen LGBTQ-Communities. Zuerst hat es die Trans* Community aufgegriffen, um Begriffe wie transsexuell, Transmann, Transfrau, ... unter Trans* zusammenfassen zu können. Mit der Zeit wurde der Stern ähnlich wie der Gender-Gap, als eine Lücke als einen Freiraum für alle Geschlechter verwendet. Während das Sternchen zunächst nur in Hochschulen verwendet wurde, trat es ab 2015 zunehmend auch in anderen Bereichen in Erscheinung, wie in öffentlichen Verwaltungen und Institutionen.
Die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch, eine frühe Befürworterin des Binnen-I als geschlechtergerechte Lösung, kritisierte 2019 das Gendersternchen. Sie argumentierte, dass es eine etablierte feministische Lösung zerstöre und die sprachliche Diskriminierung von Frauen nicht beende. Pusch schlug vor, das "i" handschriftlich mit einem Sternchen zu versehen, wobei der Stern über dem "i" stehen würde, um den "femininen Gesamteindruck" zu erhalten. Im September 2021 äußerte der Typograf Wolfgang Beinert Bedenken gegenüber dem Gendersternchen aus typografischen Gründen. Er argumentierte, dass das Sternchen den Leseprozess störe und Irritationen verursache. Beinert bevorzugte stattdessen den Genderdoppelpunkt, da er sich aus typografischer Sicht besser eigne und deutlich inklusiver sei.
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neutrale Formen
generisches Maskulinum
Beidnennung
Der Sprachwissenschaftler Steffen Kitty Hermann entwickelte 2003 eine neue Gender-Schreibweise, um alle Geschlechtsidentitäten typografisch sichtbar zu machen. Dazu ersetzte er den Schrägstrich mit einem Unterstrich, der später auch als Gender-Gap bezeichnet wurde. Er kritisierte mit dieser Schreibweise die bisherigen binären Genderschreibweisen, da diese meist nur Mann-Frau ansprechen und alle anderen Geschlechter ignorieren.
Mit dem Unterstrich, der “Lücke für Freiraum”, sollen nun auch Menschen miteingeschlossen werden, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren und die bisher sprachlich unsichtbar waren. Der Gender-Gap war vor allem in queer-feministischen Kreisen weit verbreitet, in die breite Öffentlichkeit konnte sie aber nicht vordringen. Kritik an dieser Ausdrucksform war genauso wie beim Schrägstrich das “Angehängt-Sein” der Frau.
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Grundsätzlich kann man das Gendern in drei Kategorien, ein Geschlecht, zwei Geschlechter und alle Geschlechter, unterteilen:
Der Doppelpunkt wird kritisiert, da er nicht effektiv gegen eine zweigeschlechtliche Sprache beiträgt und den inklusiven Charakter des Gendersternchens nicht ersetzen kann. Zudem wird bemängelt, dass der Doppelpunkt weniger radikal ist und schneller übersehen werden kann als andere Genderzeichen. Vertreter der Queer-Community ziehen das Gendersternchen deshalb vor, da es eine symbolische Bedeutung hat und eine aktive Störung der Sprech- und Schreibgewohnheiten darstellt.
In den letzten Jahren setzte sich die Schreibweise mit dem Doppelpunkt vermehrt durch. Er wird im Wortinneren als Platzhalter in Personenbezeichnungen verwendet, um nichtbinäre Personen typografisch sichtbar zu machen. Obwohl der Doppelpunkt nicht Bestandteil der amtlichen Rechtschreibung ist, wurde er 2020 im Rechtschreibduden als Möglichkeit des geschlechtergerechten Sprachgebrauchs aufgenommen. Vorteil des Doppelpunktes ist, dass er von Screen Readern für Seheingeschränkte Personen als kurze Pause vorgelesen wird und somit als inklusiver gilt. Der Doppelpunkt ist zudem etwas unauffälliger als der Stern oder der Gender-Gap und ist dementsprechend besonders bei Behörden oder Institutionen verbreitet.
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Die Aufnahme weiblicher Formen erfolgte im Zuge einer Anpassung an sprachliche und gesellschaftliche Veränderungen. Historisch wurden Berufe nur in ihrer männlichen Form aufgeführt, da diese traditionell von Männern ausgeübt wurden. Durch Veränderungen in den letzten Jahren hat der Duden damit begonnen, weibliche Formulierungen zu integrieren oder entsprechende feminine Formen hinzuzufügen.
Im Jahr 2021 setzte der Duden ein starkes Zeichen für die geschlechtergerechte Sprache: Alle 12.000 Berufsbezeichnungen wurden im online-Duden überarbeitet, sodass weibliche Berufsbezeichnungen jetzt eigene Einträge haben, anstatt nur Verweise in der jeweiligen männlichen Form zu sein. Dies ist ein wichtiger Schritt für die sprachliche Gleichstellung aller Geschlechter in der Sprache.
Die politische Situation in Deutschland bezüglich Gendersprache ist uneinheitlich. Während einige das Gendern unterstützen und inklusive Sprachformen fördern, lehnen es andere ab, da sie es als Einmischung in die Sprache betrachten. In Bayern wurde ab dem 1. April die Verwendung von Gendersternchen, Doppelpunkt und Mediopunkt in Schulen und Behörden verboten. Gegner argumentieren, dass das Verbot die Gleichberechtigung und Vielfalt der Geschlechteridentitäten ignoriert. Die Regierung verteidigt das Verbot, betont jedoch, dass niemand persönlich daran gehindert wird, gendergerechte Sprache zu verwenden. Ähnliche Maßnahmen wurden auch in anderen Bundesländern wie Sachsen und Baden-Württemberg ergriffen, Bayern jedoch geht einen Schritt weiter und verbietet das Gendern explizit. Diese Entwicklung hat eine breite Debatte über geschlechtergerechte Sprache ausgelöst und wirft Fragen nach Gleichberechtigung, sprachlicher Vielfalt und staatlicher Regulierung von Sprache auf.
Ein häufig genannter Kritikpunkt am Gendern betrifft die sprachliche Komplexität, insbesondere bei Formen wie dem Gendersternchen oder dem Gendergap. Diese werden als unnötig kompliziert angesehen und könnten die Lesbarkeit von Texten beeinträchtigen. Ein weiterer Kritikpunkt kommt von denen, die traditionelle Sprachkonventionen verteidigen. Sie befürchten, dass das Gendern die Sprache unnötig verändert und sie politisiert, was wiederum die Meinungsfreiheit einschränken könnte. Es gibt auch Zweifel an der Effektivität des Genderns bei der Förderung von Geschlechtergerechtigkeit. Es wird argumentiert, dass andere Maßnahmen, wie die Förderung von Frauen in Führungspositionen oder die Bekämpfung von geschlechterspezifischer Gewalt, wichtiger sind.
In den letzten Jahren hat sich in Deutschland ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung inklusiver Sprache entwickelt. Die Diskussion darüber, wie man die deutsche Sprache geschlechtergerechter gestalten kann, ist in vielen Bereichen präsent, von der Politik über Bildungseinrichtungen bis hin zu Medien und Unternehmen. Viele Menschen befürworten eine inklusivere Sprache, die alle Geschlechteridentitäten gleichermaßen berücksichtigt, während andere sich gegen das Gendern ausdrücken und es für unnötig halten. Welche Schreibweisen verwendet werden, hängt stark von der Region und dem Kontext ab, am weitesten verbreitet ist jedoch der Genderstern.
Die Geschichte der gendergerechten Sprache zeigt eine Entwicklung weg von traditionellen Sprachmustern hin zu mehr Vielfalt, Diversität und Inklusion. In traditionellen Sprachformen wurde häufig das generische Maskulinum bevorzugt, was dazu führte, dass implizite Geschlechterrollen und Stereotypen verstärkt wurden, die nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Vorstellungen entsprechen.
Die Geschichte des Genderns zeigt, dass diese Bemühungen nicht plötzlich aufgetaucht sind, sondern dass sie das Ergebnis langjähriger Entwicklungen sind. Von frühen feministischen Bewegungen bis hin zu aktuellen sozialen Bewegungen und wissenschaftlichen Untersuchungen wurde die Rolle der Sprache bei der Reproduktion von Geschlechterrollen und -stereotypen zunehmend hinterfragt.